Die Kleinunternehmerregelung ist eine besondere Rechtsfigur des Umsatzsteuerrechts. Sie bietet vor allem Unternehmen zu Beginn ihrer Tätigkeit und kleineren Unternehmen allgemein eine Reihe von steuerlichen und administrativen Vorteilen. Kommt es zum grenzüberschreitenden Ein- oder Verkauf, sind einige Besonderheiten zu beachten.

I. Einkauf im Ausland

1. Drittland

Waren: Werden waren im Drittland eingekauft, fällt beim Grenzübertritt Einfuhrumsatzsteuer – ohne Vorsteuerabzug – an. Zudem können Zölle anfallen. Schuldner ist jeweils der Anmelder. Von den vertraglichen Vereinbarungen mit dem Verkäufer ist abhängig, wer die Abgaben entrichten muss.

Dienstleistungen: Beim Bezug sonstiger Leistungen von einem Drittlandsunternehmer kommt es grundsätzlich zur Steuerschuldnerschaft des Kleinunternehmers. Der Vorsteuerabzug ist ausgeschlossen.

2. EU-Ausland

Waren: Auch wenn theoretisch die Voraussetzungen für eine innergemeinschaftliche Lieferung an den Kleinunternehmer vorliegen würden, kann dieser keinen innengemeinschaftlichen Erwerb bewirken. Die grenzüberschreitende Lieferung an den Kleinunternehmer ist im EU-Ausland steuerbar. Steuerschuldner ist der Verkäufer.

Der Kleinunternehmer kann jedoch freiwillig zur Erwerbsbesteuerung optieren. In der Praxis gibt er dafür im Einkauf seine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) an.

Die Option zur Erwerbsbesteuerung ist vor allem dann vorteilhaft, wenn der ausländische Mehrwertsteuersatz höher ist, als in Deutschland. Das gilt beim Regelsatz aktuell allerdings für fast keinen Staat mehr. Daneben kann nur noch ein Liquiditätsvorteil erzielt werden, weil die (ausländische) Umsatzsteuer nicht sofort entrichtet werden muss.

Hinweis: Die Optionserklärung greift rückwirkend auf den Kalenderjahresbeginn und gilt bis zum Widerruf, mindestens für zwei Jahre. Daher sollte darauf geachtet werden, im Kalenderjahr mögliche frühere Erwerbe vor der Optionserklärung zu prüfen. Diese werden durch die Option auch steuerpflichtig.

Dienstleistungen: Für den Bezug sonstiger Leistungen eines EU-Unternehmers gelten keine Sonderregelungen. Der Kleinunternehmer wird prinzipiell Steuerschuldner ohne Möglichkeit zum Vorsteuerabzug. Ob der Leistende selbst Kleinunternehmer nach ausländischem Recht ist, bleibt insoweit ohne Bedeutung.

Gegenüber dem Leistenden kann er seine Unternehmereigenschaft durch die USt-IdNr. dokumentieren. Darauf sollte der Kleinunternehmer auch nicht verzichten, da sonst eine Doppelbesteuerung droht (ausländische Steuer + deutsche Steuer als Leistungsempfänger).

II. Verkauf ins Ausland

1. Drittland

Waren: Der Verkauf von Waren an Privatleute im Drittland ist als steuerbarer Umsatz in Deutschland zu erfassen, für den die Steuer – wie für alle Umsätze des Kleinunternehmers – nicht erhoben wird. Ist der Kunde Unternehmer, kann eine steuerfreie Ausfuhrlieferung in Betracht kommen. Dazu muss der Ausfuhrnachweis geführt werden. Für den Kleinunternehmer ist das unzweckmäßig, da die Lieferung auch ohne Nachweis letztlich nicht besteuert wird.

Dienstleistungen: Für sonstige Leistungen an Kunden im Drittland gelten die allgemeinen Regelungen: Leistungen an Privatkunden sind in Deutschland steuerbar, ohne dass die Steuer erhoben wird. Leistungen an Unternehmer sind in Deutschland prinzipiell nicht steuerbar; die Steuerbarkeit und Steuerschuldnerschaft im Drittland richtet sich nach dortigem Recht.

2. EU-Ausland

Waren: Bei Lieferungen in das EU-Ausland gilt die Besonderheit, dass Kleinunternehmer keine steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferungen ausführen können. In der Rechnung über EU-grenzüberschreitende Lieferungen darf der Kleinunternehmer seine USt-IdNr. nicht angeben. Die Lieferung ist in Deutschland steuerbar, ohne dass die Steuer erhoben wird.

Dienstleistungen: Die Leistungserbringung im EU-Ausland unterliegt ebenfalls den allgemeinen Vorschriften. Tendenziell kommt es bei Leistungen an Unternehmer zur Steuerschuldumkehr. Dies ist allerdings nicht für alle Leistungen im sämtlichen EU-Mitgliedstaaten zwingend. Leistungen an Privatkunden sind generell im Inland steuerbar.

III. Auswirkungen auf die Umsatzgrenzen

Soll an dem Status als Kleinunternehmer länger festgehalten werden, ist zwingend die Umsatzgrenze von 17.500 EUR einzuhalten.

Einkauf: Der Einkauf von Waren und Dienstleistungen – unabhängig vom Herkunftsort (Drittland oder EU) – wirkt sich nicht auf den Grenzwert aus.

Beim Verkauf ist zu differenzieren:

  • Die Lieferung in das EU-Ausland ist wie ein gewöhnlicher Inlandsumsatz einzubeziehen.

  • Gleiches gilt für die Lieferung ins Drittland, unabhängig davon, ob der Nachweis für die Steuerbefreiung der Ausfuhr erbracht wurde.

  • Im Inland steuerbare Dienstleistungen sind zu berücksichtigen; andere nicht.

IV. Umsatzsteuer-Identifikationsnummer

Die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) kann der Kleinunternehmer – wie jeder Unternehmer – beantragen, wobei das örtlich zuständige Finanzamt zunächst ein Umsatzsteuersignal setzen muss, bevor ein Antrag beim Bundeszentralamt für Steuern bearbeitet werden kann.

Zum Übergang der Steuerschuldnerschaft auf einen Unternehmer im EU-Ausland empfiehlt sich die Online-Überprüfung der ausländischen USt-IdNr. über das Portal des Bundeszentralamts für Steuern. Aus der Überprüfung kann Vertrauensschutz auf die Unternehmerstellung ab-geleitet werden.