EuGH-Vorlage zur medizinischen Telefonberatung
Der BFH hat dem EuGH Fragen zur umsatzsteuerlichen Behandlung medizinischer Telefonberatung vorgelegt (BFH, Beschluss vom 18.09.2018 – XI R 19/15; veröffentlicht am 23.01.2019).
Nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112/EG des Rates v. 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (Richtlinie 2006/112/EG) sind Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der von dem betreffenden Mitgliedstaat definierten ärztlichen und arztähnlichen Berufe durchgeführt werden, steuerfrei. Dem entspricht § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 UStG, der entsprechend der Richtlinie auszulegen ist.
Die Klägerin betreibt für gesetzliche Krankenkassen ein sog. „Gesundheitstelefon“, über das Versicherte medizinisch beraten werden. Zudem führt sie sowohl für gesetzliche Krankenkassen als auch für Pharmaunternehmen sog. Patientenbegleitprogramme durch. Daran nehmen Patienten teil, die unter chronischen oder lang andauernden Krankheiten leiden und deren gesundheitliche Situation durch eine laufende Betreuung verbessert werden soll. Auch diese Betreuungsleistung wird telefonisch erbracht. Die Beratung erfolgt durch Krankenschwestern und medizinische Fachangestellte; in mehr als einem Drittel der Fälle wird ein Arzt hinzugezogen. Die Klägerin vertrat die Auffassung, dass ihre Leistungen umsatzsteuerfrei seien, und stellte entsprechende Rechnungen. Dem ist das Finanzamt entgegengetreten. Die Klage beim FG Düsseldorf hatte keinen Erfolg.
Der BFH legt dem EuGH folgende Fragen zur Vorabentscheidung vor:
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Liegt unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens, in denen ein Steuerpflichtiger im Auftrag von Krankenkassen Versicherte zu verschiedenen Gesundheits- und Krankheitsthemen telefonisch berät, eine Tätigkeit vor, die dem Anwendungsbereich des Art. 132 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem unterfällt?
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Reicht es unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens in Bezug auf die in Frage 1 genannten Leistungen sowie für Umsätze im Rahmen von “Patientenbegleitprogrammen” für den erforderlichen beruflichen Befähigungsnachweis aus, dass die telefonischen Beratungen von “Gesundheitscoaches” (medizinischen Fachangestellten, Krankenschwestern) durchgeführt werden und in circa einem Drittel der Fälle ein Arzt hinzugezogen wird?
Der BFH vertritt in dem Vorlagebeschluss die Auffassung, dass die im Rahmen des Gesundheitstelefons erbrachten Leistungen bei engem Verständnis der Befreiungsvorschriften nicht in deren Anwendungsbereich fallen: Es stehe weder fest, ob sich an die Beratung eine ärztliche Heilbehandlung anschließt noch ob sie als Erstberatung Bestandteil einer komplexen Heilbehandlung werden; außerdem erfolge die Information der Anrufenden im Gegensatz zu den Patientenbegleitprogrammen nicht auf der Grundlage vorheriger medizinischer Feststellungen oder Anordnungen. Ferner sei fraglich, ob die für herkömmliche Heilbehandlungen von dem betreffenden Mitgliedstaat definierten Qualifikationsmerkmale eines ärztlichen und arztähnlichen Berufs (Art. 132 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112/EG) auch für solche Heilbehandlungen gelten, die ohne persönlichen Kontakt erbracht werden, oder ob es –z.B. für Leistungen im Bereich der Telemedizin– zusätzlicher Anforderungen bedarf.
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