Übertragung einer § 6b-Rücklage
Eine Rücklage nach § 6b EStG darf vor der Anschaffung oder Herstellung eines Reinvestitionswirtschaftsguts nicht auf einen anderen Betrieb des Steuerpflichtigen übertragen werden. Ein Veräußerungsgewinn, der in eine Rücklage nach § 6b EStG eingestellt worden ist, kann in einen anderen Betrieb des Steuerpflichtigen erst in dem Zeitpunkt überführt werden, in dem der Abzug von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Reinvestitionswirtschaftsguts des anderen Betriebs vorgenommen wird (Bestätigung von R 6b.2 Abs. 8 Satz 3 EStR: BFH, Urteil vom 22.11.2018 – VI R 50/16; veröffentlicht am 20.02.2019).
Nach § 6b Abs. 1 EStG können Gewinne aus der Veräußerung von Grund und Boden u.a. auf die Herstellungskosten von Gebäuden, die im Wirtschaftsjahr der Veräußerung oder im vorangegangenen Wirtschaftsjahr entstanden sind, übertragen werden. Soweit eine Übertragung nicht vorgenommen wird, kann nach § 6b Abs. 3 EStG im Wirtschaftsjahr der Veräußerung eine den steuerlichen Gewinn mindernde Rücklage gebildet werden. Bis zur Höhe der Rücklage können sodann die Anschaffungs- oder Herstellungskosten nach § 6b EStG begünstigter Wirtschaftsgüter, die in den folgenden vier Jahren angeschafft oder hergestellt werden, im Wirtschaftsjahr ihrer Anschaffung oder Herstellung gekürzt werden.
Die Eltern des Klägers unterhielten einen landwirtschaftlichen Betrieb und waren daneben Gesellschafter einer gewerblich tätigen KG, an die sie ein Grundstück überließen, das als Sonderbetriebsvermögen bilanziert wurde. Im Wirtschaftsjahr 2005/2006 erzielten sie im landwirtschaftlichen Betrieb einen Gewinn aus der Veräußerung von Grund und Boden, wofür sie eine § 6b-Rücklage bildeten. Den landwirtschaftlichen Betrieb übertrugen die Eltern am 30.12.2006 unentgeltlich auf den Kläger. Die Rücklage wiesen sie zum 31.12.2006 in ihrer Sonderbilanz bei der KG aus und übertrugen sie im Folgejahr auf die Anschaffungskosten eines im Jahr 2007 fertiggestellten und ebenfalls als Sonderbetriebsvermögen erfassten Gebäudes.Nach § 6b Abs. 1 EStG können Gewinne aus der Veräußerung von Grund und Boden u.a. auf die Herstellungskosten von Gebäuden, die im Wirtschaftsjahr der Veräußerung oder im vorangegangenen Wirtschaftsjahr entstanden sind, übertragen werden. Soweit eine Übertragung nicht vorgenommen wird, kann nach § 6b Abs. 3 EStG im Wirtschaftsjahr der Veräußerung eine den steuerlichen Gewinn mindernde Rücklage gebildet werden. Bis zur Höhe der Rücklage können sodann die Anschaffungs- oder Herstellungskosten nach § 6b EStG begünstigter Wirtschaftsgüter, die in den folgenden vier Jahren angeschafft oder hergestellt werden, im Wirtschaftsjahr ihrer Anschaffung oder Herstellung gekürzt werden.
Das Finanzamt hielt die Übertragung der Rücklage im Jahr vor der Fertigstellung des Ersatzwirtschaftsguts unter Hinweis auf die Einkommensteuerrichtlinien (R 6b.2 Abs. 8 Satz 3 EStR) für nicht zulässig. Im Jahr 2007 sei eine Übertragung der Rücklage aufgrund des Wechsels des Betriebsinhabers nicht mehr möglich gewesen. Dementsprechend sei die Rücklage im landwirtschaftlichen Betrieb verblieben und im Wirtschaftsjahr 2009/2010 beim Kläger gewinnerhöhend (zzgl. Zinsen) aufzulösen. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz Erfolg.
Der BFH dagegen hob das erstinstanzliche Urteil auf und wies die Klage ab:
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Die Eltern des Klägers konnten die Rücklage entgegen der Auffassung des FG nicht in ihr Sonderbetriebsvermögen bei der KG übertragen und sie dementsprechend dort auch nicht in ihrer Sonderbilanz auf den 31.12.2006 ausweisen.
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Denn zum Bilanzstichtag am 31.12.2006 befand sich in ihrem Sonderbetriebsvermögen bei der KG kein (Reinvestitions-)Wirtschaftsgut, von dessen Anschaffungs- und Herstellungskosten sie die Rücklage hätten abziehen können.
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Die schlichte Übertragung einer Rücklage ohne Abzug von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines (Reinvestitions-) Wirtschaftsguts findet im Gesetz – entgegen der Auffassung der Kläger und des FG – keine Grundlage: § 6b EStG enthält keine Regelung, die eine derartige Übertragung zulässt.
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Die in R 6b.2 Abs. 8 Satz 3 EStR von der Finanzverwaltung vertretene Auffassung, eine nach § 6b Abs. 3 EStG gebildete Rücklage könne auf einen anderen Betrieb erst in dem Wirtschaftsjahr übertragen werden, in dem der Abzug von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten bei Wirtschaftsgütern des anderen Betriebs vorgenommen werde (ebenso u.a. Blümich/Schießl, § 6b EStG Rz 280) stellt eine zutreffende Auslegung des Gesetzes dar.
Hinweise: Die Auffassung des FG wurde angesichts des klaren Wortlauts des § 6b Abs. 3 Satz 2 EStG bereits vor dem nun ergangenen Urteil des BFH klar abgelehnt (s. KKB/Kanzler, § 6b EStG Rn. 162, 3. Aufl., Stand: 24.12.2018): Denn wenn bei Gewinnübertragungen in das Betriebsvermögen eines anderen Betriebs das darauf gerichtete Wahlrecht in der Bilanz des veräußernden Betriebs auszuüben ist (so BFH, Urteil vom 19.12.2012 – IV R 41/09, BStBl II 2013, 313), so müssen auch bereits Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Reinvestitionsguts vorhanden sein, von denen der Gewinnabzug vorgenommen werden kann.
Die gesellschafterbezogene Auslegung der Reinvestitionsregelung eröffnet zwar vielfältige und weitgehende Übertragungsmöglichkeiten, die außer zur Gewinnglättung, Verlustverrechnung, Progressionsmilderung, vor allem auch zur Umstrukturierung von Unternehmen genutzt werden können. Eine Übertragung – bzw. genauer: die Fortführung – einer einmal gebildeten Rücklage ist aber nach der bisherigen Rechtsprechung des BFH nur in bestimmten Fällen betrieblicher Veränderungen zulässig: So etwa bei der unentgeltlichen Betriebsübertragung und bei Umwandlung eines Einzelunternehmens in eine Personengesellschaft, wo der bisherige Einzelunternehmer die Rücklage in einer Ergänzungsbilanz fortführen kann; auch im umgekehrten Fall, sowie bei der Realteilung einer Personengesellschaft in entsprechende Einzelunternehmen kann die Rücklage anteilig fortgeführt werden.
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