Vorsteuerabzug bei Waren im Niedrigpreissegment
Für den Bereich des Handels mit Kleidungsstücken, speziell: Freizeitkleidung im Niedrigpreissegment, reicht die bloße Angabe einer Gattung (z.B. Hose, Bluse) auf der Rechnung für eine hinreichende Leistungsbeschreibung, die zum Vorsteuerabzug berechtigt, nicht aus (Hessisches FG, Urteil vom 19.06.2018 – 1 K 1828/17; Revision anhängig, BFH-Az. XI R 28/18).
Nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 UStG muss eine Rechnung u.a. die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung enthalten.
Streitig ist, ob das FA dem Kläger nach Durchführung einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung zu Recht den Vorsteuerabzug aus Lieferungen von Textilien versagt hat. Die Rechnungen enthielten zur Bezeichnung des jeweiligen Liefergegenstandes allgemeine Angaben, wie z.B. “T-Shirt”, “Bluse”, “Tops”, “Kleid”, “Hosen” und ähnliche Bezeichnungen. Sie enthielten teilweise mehrfach dieselbe Bezeichnung der gelieferten Gegenstände, die nur durch die Angabe einer unterschiedlichen Anzahl und eines unterschiedlichen Preises pro Stück ergänzt werden. So enthielt eine Rechnung die Lieferung von insgesamt 580 Kleidern, unterteilt in neun verschiedene Mengen zu jeweils unterschiedlichen Preisen zwischen 3,50 EUR und 10,00 EUR pro Stück.
Hierzu führten die Richter des Hessischen FG weiter aus:
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Das FA hat zu Recht den Vorsteuerabzug aus den hier vorliegenden Rechnungen versagt. Die Leistungsbeschreibung genügt nicht den Anforderungen des § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG i.V.m. § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 UStG.
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Für den Bereich des Handels mit Kleidungsstücken im Niedrigpreissegment reicht die bloße Angabe einer Gattung (z.B. Hose, Bluse) auf der Rechnung für eine hinreichende Leistungsbeschreibung, die zum Vorsteuerabzug berechtigt, nicht aus.
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Erforderlich ist eine Beschaffenheitsbeschreibung, in der die zur Identifizierung notwendigen und erforderlichen Merkmale beschrieben werden, z.B. durch Angabe der Herstellerangaben, Angabe eines etwaigen Eigennamens, oder über Modelltyp, Farbe und Größe sowie unter Bezugnahme auf eine Artikel- oder Chargennummer.
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In Betracht kommt auch die Benennung von Größe, Farbe, Material, gegebenenfalls Sommer- oder Winterware, Schnittform, z.B. langer oder kurzer Arm, lange oder kurze Hose, Jogginghose etc. (so FG Hamburg, Urteil vom 30.09.2015 – 5 K 85/12 sowie FG Hamburg. Beschluss des vom 29.07.2016 – 2 V 34/16).
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Denn eine Identifikation von Kleidungsstücken allein über abstrakte Warenbezeichnungen ist im Vergleich zur großen Mehrheit der Textileinzelhändler nicht “handelsüblich” im Sinne des § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 UStG und begründet die konkrete Gefahr einer willentlichen oder unwillentlichen Doppelabrechnung des Lieferanten.
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Kein Einzelhändler kann ein Interesse daran haben, das Risiko einzugehen, in nahezu unbegrenzter Menge ein immer gleiches Kleidungsstück in der immer gleichen Größe zu erhalten. Dementsprechend holt der Kläger dort regelmäßig vier- bis fünfmal pro Woche seine Vollstreckungsaufträge ab, welche die Grundlage seiner Berufstätigkeit darstellen. Zwar beansprucht diese Tätigkeit weniger Zeit, dennoch ist sie nicht von derart untergeordneter Bedeutung, dass sie die Zuordnungsentscheidung des Dienstherrn infrage stellen könnte.
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Der erfolgreiche Verkauf an Laufkundschaft in einem Ladenlokal erfordert vielmehr auch im Niedrigpreissegment bereits aus Platzgründen die Bereithaltung der repräsentativen Größen und ein Mindestmaß an Steuerung der im Einzelnen angebotenen Modelltypen und Ausführungen durch den Einzelhändler (s. hierzu auch Hessisches FG, Urteil vom 23.06.2015 6 K – 1826/12).
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Gleiches gilt auch Großhändler, da auch deren Waren mittelbar über weitere Händler in den Einzelhandel gelangen.
Hinweis: Die Revision gegen das Urteil ist beim BFH unter dem Az. XI R 28/18 anhängig. Ein vergleichbares Verfahren wird beim BFH unter dem Az. XI R 2/18 geführt (s. hierzu unsere Online-Nachricht vom 23.01.2018).
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